Sauerteig Guide

Was ist Sauerteig?

Sauerteig, manchmal auch Anstellgut, Starter oder Levain genannt, ist nichts weiter als ein Gemisch aus Mehl und Wasser, welches durch die natürliche Fermentation mit Milchsäurebakterien und wilden Hefe als Triebmittel verwendet werden kann. Mit Sauerteig kann deshalb alternativ zur klassischen Hefe Brot, Brötchen und alle möglichen weiteren Backwaren gebacken werden.

Vorteile von Sauerteig gegenüber klassischer Hefe?

  1.  Sauerteig ist nährstoffreicher. Er enthält eine höhere Menge an Nährstoffen, da er durch die natürliche Fermentation mehr Mineralstoffe und Vitamine produziert. Insbesondere wird das im Mehl enthaltene Phytat durch die Säure im Sauerteig abgebaut, wodurch Nährstoffe wie Eisen, Zink und Magnesium besser vom Körper aufgenommen werden können.

  2.  Sauerteig ist besser für unsere Verdauung. Durch den Fermentationsprozess wird das im Mehl enthaltene Gluten abgebaut und das Brot wird leichter verdaulich.

  3. Sauerteigbrot und -gebäcke sind länger haltbar. Aufgrund der natürlichen Konservierungsmittel, die während der Fermentation gebildet werden, bleiben Gebäcke länger frisch und schimmeln langsamer als Gebäcke, welche mit Hefe gebacken werden.

  4. Sauerteigbrot und -gebäcke entwickeln durch den langsamen Fermentationsprozess einen einzigartigen komplexeren Geschmack und eine besondere Textur. Sauerteigbrot hat eine knusprigere Kruste und eine feuchtere Krume als Brot, das mit Hefe gebacken wurde.

  5. Sauerteig ist natürlicher im Vergleich zu Hefe. Hefe besteht in der Regel aus einem einzigen Stamm von Hefepilzen, dem sogenannten “Zuckerpilz”, währenddessen an der Fermentation von Sauerteig eine Vielzahl von Mikroorganismen beteiligt sind, die ganz natürlich in unserer Umgebung vorkommen. Sauerteig ist also nicht nur ein natürlicheres, sondern auch vielfältigeres Backtriebmittel.

Nachteile von Sauerteig gegenüber klassischer Hefe?

Der einzige Nachteil besteht meiner Meinung nach im erhöhten Aufwand beziehungsweise der Zeit und Pflege, die in die Züchtung des eigenen Sauerteigs investiert werden muss. Er muss nämlich regelmäßig “gefüttert”, anders gesagt aufgefrischt werden, um zu gedeihen und am Leben gehalten zu werden. Außerdem benötigen Brot und Gebäcke mit Sauerteig mehr Zeit. Das Backen wird also etwas unflexibler. Mit der richtigen Planung und gesammelten Erfahrung lässt sich dem aber entgegenwirken!
 

Wie züchte ich meinen eigenen Sauerteig?

Meinen Sauerteig “Griseldis” habe ich Ende 2017 nach einer Anleitung von Lutz Geißler (Plötzblog) gezüchtet, an die ich mich leider nicht mehr genau erinnern kann. Auf seiner Webseite findet sich hier auch heute noch eine genaue Schritt für Schritt Vorgehensweise zur Herstellung eines neuen Sauerteigs! Letztlich wird einfach Mehl und Wasser zusammengerührt und für einige Stunden an einem warmen Ort reifen gelassen. Von diesem Ansatz wird etwas rückbehalten, wieder mit Mehl und Wasser zusammengerührt und reifen gelassen. Diesen Vorgang wiederholt man dann vier bis fünf Mal, sodass man nach etwa fünf Tagen stolzer Besitzer eines eigenen Sauerteigs ist!
 

Wie “füttere” ich meinen eigenen Sauerteig richtig?

Sobald ich erst mal einen Sauerteig habe, muss ich ihn nur noch am Leben halten – noch besser aber lebendig, also richtig stark und triebfähig machen! Das erreiche ich, indem ich ihn regelmäßig füttere, sprich einen kleinen Teil des Ansatzes mit neuem Mehl und Wasser (frischer Nahrung) in einem sauberen Glas zusammenrühre.  Für einen flüssigen Sauerteig gehe ich hier nach einem Verhältnis von 1:5:5 v0r. Das heißt ich mische 20%-30% des alten Ansatzes von der Menge des Mehls und des Wassers unter die gleiche Menge Mehl und Wasser. In der Praxis nehme ich also in der Regel 10g-15g meines Sauerteigs und verrühre ihn mit 50g Mehl sowie 50g Wasser. Das Wasser sollte hierbei idealerweise etwa 40 °C warm sein, damit der Sauerteigansatz von Anfang an ideale Startbedingungen zum Reifen hat. Während des Reifeprozesses mag es der Sauerteig gerne warm. Es empfiehlt sich hier die Gläser in den (ganz kurz!) erwärmten Backofen bei 25-27 °C zu stellen. Bei solch einer warmen Umgebungstemperatur ist der Sauerteig nach etwa sieben bis acht Stunden reif und kann weiterverwendet werden. Bei Raumtemperatur dauert es in der Regel acht bis zwölf Stunden, bis er reif ist. Wichtig ist hierbei aber immer auf den eigenen Sauerteig zu achten und sich nicht nur starr nach einer Zeitangabe zu richten. Das Mehl, welches man zum Füttern nutzt, sollte im Idealfall immer dasselbe sein. Als Behälter eignen sich am besten Einweck- und Marmeladengläser. Gefüttert werden sollte mindestens einmal, besser zwei Mal die Woche. Wenn ich mit meinem Sauerteig backe, frische ich ihn jedoch ohnehin in der Regel zwei bis drei Mal direkt in Folge auf, bevor ich den finalen Starter für meinen Teig zusammenmische.

 

Wo bewahre ich meinen Sauerteig auf?

Während des Gärprozesses entweder im aufgeheizten Ofen bei ca. 25°-27°C oder bei Raumtemperatur. Ansonsten bewahrst du deinen Sauerteig im Kühlschrank bei etwa 5 °C auf.
 

In welchem Zustand verwende ich meinen Sauerteig zum Backen?

Damit der Sauerteigansatz eine starke Triebkraft hat und das Brot oder Gebäck schön aufgehen kann, sollte der Sauerteig vorher mindestens zwei Mal, besser drei oder bei gewünschter besonders offenporiger Krume sogar vier Mal zuvor aufgefrischt werden. In der Regel verlangen Rezepte einen Vorteig oder auch Levain, der im Verhältnis mehr Sauerteigansatz benötigt als das eigene Anstellgut. Wenn das der Fall ist, reicht vorher meist ein zweimaliges Auffrischen des Anstellguts. Für ideale Ergebnisse ist es außerdem besonders wichtig den Sauerteig beziehungsweise Vorteig weiterzuverarbeiten, wenn er auf dem Höhepunkt seines Reifeprozesses ist. Sprich er sollte schön aufgegangen, aber noch nicht zusammengefallen sein. Ansonsten ist er wieder “hungrig” und seine Treibkraft lässt nach. Am besten setzt du dir auf deinem Einweckglas o.ä. eine Markierung, beispielsweise durch ein Gummi, dass du um das Glas spannst, damit du nachvollziehen kannst, ob sich dein Sauerteig bereits verdoppelt oder gar verdreifacht hat. Du kannst dich daran grob daran orientieren, dass er sich mindestens verdoppelt haben sollte und die Oberfläche sich am Rand noch ganz leicht nach oben wölbt. Du kannst auch einen praktischen Test starten, indem du einen Löffel deines Vorteiges in ein Glas mit Wasser gibst: schwimmt der Sauerteig an der Oberfläche ist bereit weiterverwendet zu werden.
 

Was mache ich mit dem über gebliebenen Sauerteig von den Auffrischevorgängen?

Es gibt einige großartige Möglichkeiten wie du altes Anstellgut, auch kalt aus dem Kühlschrank weiterverwenden kannst. Ich mache zum Beispiel am liebsten Pfannkuchen oder Waffeln aus meinen Sauerteigresten. Es ist auch möglich ihn in Kuchen- oder Keksteige beizumischen oder auch ihn ganz einfach in der Pfanne mit Kräutern und Gewürzen in der Pfanne auszubacken. Das Internet ist voll mit Ideen und Rezepten, wie du deinen Sauerteig in jedem Zustand noch lohnenswert verwenden kannst.
 

Welche verschiedenen Arten von Sauerteigen gibt es?

 Je nach dem welches Mehl ich verwende unterscheidet sich mein Sauerteig natürlich. Beispielsweise einen Weizensauerteig, Dinkelsauerteig oder einen Roggensauerteig. Letztendlich kann man mit jedem Mehl einen Sauerteig führen, wichtig ist nur, dass man immer dieselbe Mehlsorte, am besten sogar das gleiche Mehl verwendet.
Außerdem kann man flüssigen bzw. weichen und festen Sauerteig führen, was in erster Linie von der Menge des Mehls abhängt. Ein fester Weizensauerteig ist die sogenannte Lievito Madre. Lievito Madre kommt aus dem italienischen und bedeutet so viel wie die “Mutterhefe”. Ich bezeichne sie häufig liebevoll die Königin der Sauerteige. Traditionell wird für die Lievito Madre nur Weizenmehl verwendet, zudem eine größere Menge Sauerteig, was dazu führt, dass sie schneller gärt und deshalb eine mildere Säure im Vergleich zu flüssigem Sauerteig besitzt. Aus diesem Grund eignet sie sich auch besonders für süße Gebäcke wie beispielsweise Panettone oder auch Teige, in denen eine mildere Säure wünschenswert ist, beispielsweise Pizza. Ich füttere meine Lievito Madre im Verhältnis 1 (Wasser) : 2 (Mehl) : 2 (Sauerteig). Ich vermenge also in der Regel 40g meiner alten Lievito Madre mit 40g Mehl und 20g Wasser. Lievito Madre hat es gerne, wenn sie zügig (ca. drei bis fünf Stunden) bei warmer Umgebungstemperatur (ca. 26 – 30 °C) heranreifen darf.
 

Wie lagere ich meine Lievito Madre am besten?

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten die Lievito Madre zu lagern und heranreifen zu lassen. Der erste Weg besteht darin, die Lievito Madre im oben beschriebenen Verhältnis zu füttern und eine Weile zu kneten, bis ein glatter Teig entsteht. Aus dem Teig wird eine Kugel geformt. Diese schneidet man dann kreuzweise wie ein Brot ein und legt sie mit der eingeschnittenen Seite nach oben in eine kleine Frischhaltebox oder ein Einweckglas mit Schraubverschluss. Der andere Weg besteht darin, die Lievito Madre mehrfach mit dem Nudelholz länglich auszurollen und engmaschig zu einer Teigschnecke aufzurollen. Diesen Vorgang wiederholt man etwa drei Mal direkt im Anschluss, sodass Spannung im Teig entstehen kann. Anschließend legt man die Teigrolle in eine hohe Flasche oder einen hohen dünnen, abdeckbaren Messbecher, welcher mit Wasser befüllt ist. Das Wasser, das verwendet wird, sollte im Idealfall bereits eine angenehm warme Temperatur, sprich ca. 25°C haben. Die Teigrolle fällt dann ganz nach unten und wandert im Laufe des Gärprozesses im weiter nach oben. Die Lievito Madre ist reif, sobald sie an der Oberfläche schwimmt und den Deckel förmlich “wegsprengt”. Das Heranreifen im Wasserbad hat mehrere Vorteile. Zum einen lässt sich die Temperatur besser kontrollieren, was zu einer gleichmäßigeren Fermentation führt. Dadurch wird die Lievito Madre auch aktiver, was zu einem schnelleren Anstieg des Teigs und letztendlich zu einem milderen Geschmackserlebnis führt. Das Wasserbad macht jedoch vor allem während des Heranreifens Sinn. Im Kühlschrank wird die Lievito Madre am besten trocken in einem Einweckglas oder einer anderen luftdichten Aufbewahrungsmöglichkeit gelagert.

Kann man aus einem “normalen” Sauerteig eine Lievito Madre züchten?

 Ja, kann man! So bin ich damals auch vorgegangen. Einfach den flüssigen Weizensauerteig drei bis vier Mal im oben genannten Verhältnis für die Lievito Madre füttern und schon erhält man einen festen Weizensauerteig.